Aus dem Arbeitsrecht

Ist „Digital Native“ altersdiskriminierend?

Besonders in den Bereichen HR, Marketing und Kommunikation setzt man gerne auf „Digital Natives“ für das Social Media-Management. Allerdings bezeichnet das gemeinhin Personen, die mit solchen digitalen Technologien aufgewachsen sind und schließt damit Ältere aus. Ist diese Formulierung in Stellenanzeigen also altersdiskriminierend?

Foto: stock.adobe.com/Andrii Yalansky

Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg Ende 2024 beschäftigt. In der Stellenausschreibung eines internationalen Sportartikelunternehmens wurde für den Bereich Unternehmenskommunikation ein „Digital Native“ gesucht. Es wurde eine Formulierung gewählt, die gezielt jüngere, technikaffine Bewerber ansprechen sollte. So lautete es unter anderem in der Anzeige:

„Als Digital Native fühlst du dich in der Welt der Social Media, der datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause. Du bist ein absoluter Teambuddy. Wir bieten herausfordernde Aufgaben in einem dynamischen Team.“

Ein 51-jähriger Bewerber, der sich auf diese Stelle beworben und eine Absage erhalten hatte, sah sich dadurch altersdiskriminiert. Er argumentierte, der Begriff „Digital Native“ werde üblicherweise mit jüngeren Menschen assoziiert und könne ältere Bewerber abschrecken oder ihnen das Gefühl vermitteln, nicht zur Zielgruppe zu gehören. Daraufhin klagte er auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
 

Wie urteilte das Gericht?

Das LAG Baden-Württemberg gab dem Kläger Recht. Es sah in der Verwendung des Begriffs „Digital Native“ eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters. 

Das Gericht stellte fest, dass der Begriff „Digital Native“ typischerweise mit jüngeren Generationen in Verbindung gebracht werde und dadurch ältere Bewerber von vornherein benachteiligt werden können. Zudem konnte die Beklagte nicht ausreichend darlegen, dass die Ablehnung des Klägers ausschließlich aus fachlichen Gründen erfolgte.

Dem Kläger wurde eine Entschädigung in Höhe von 7.500 Euro zugesprochen. 
 

Was bedeutet die Gerichtsentscheidung für die Praxis?

Das Urteil verdeutlicht, dass Arbeitgeber bei der Formulierung von Stellenanzeigen besonders vorsichtig sein müssen. Begriffe wie „Digital Native“ können als altersdiskriminierend gewertet werden und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das LAG setzt damit ein klares Zeichen für mehr Diskriminierungsschutz im Bewerbungsverfahren.

Die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber sollten stets neutral und ausschließlich anforderungsbezogen formuliert werden. 

Darüber hinaus ist es ratsam, die eigenen Recruiting-Prozesse und die verwendeten Texte regelmäßig auf mögliche Diskriminierungsrisiken zu überprüfen. Personalverantwortliche sollten zudem im Umgang mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und in diskriminierungsfreier Sprache geschult werden.

Vertiefende Informationen bietet Ihnen das Seminar „Personalauswahl und -einstellung – arbeitsrechtliche Gesichtspunkte“ unserer Questwärts GmbH. 

Schließlich ist es wichtig, Auswahlentscheidungen sorgfältig und nachvollziehbar zu dokumentieren, um im Streitfall belegen zu können, dass ausschließlich fachliche Kriterien für die Auswahl ausschlaggebend waren.

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