Aus dem Arbeitsrecht

KI-Einsatz im Betrieb: Rechte und Pflichten des Arbeitgebers

Die Gesetzgebung rund um Künstliche Intelligenz (KI) steht noch am Anfang. Mittlerweile gibt es mit der aktuellen KI-Verordnung der EU die erste umfassende KI-Reglementierung der Welt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht gibt es einiges zu beachten.

Bild: stock.adobe.com/Suriya

Dürfen Arbeitnehmer KI für ihre Arbeit nutzen, wenn eine entsprechende Nutzung im Betrieb nicht geregelt ist? 

Hier gibt § 613 BGB eine hilfreiche Antwort. Es spricht von Unübertragbarkeit: „Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.“
Arbeitnehmer dürfen ihre Aufgaben also nicht vollständig von einer KI erledigen lassen, wenn der Arbeitgeber dafür nicht sein Einverständnis gegeben hat und würden damit eine Kündigung oder zumindest Abmahnung riskieren. Als Hilfsmittel zur Erbringung der Arbeitsleistung darf KI allerdings sehr wohl genutzt werden.
Das zeigt: Die Abgrenzung wird nicht immer leicht sein und auch Urheberrechtsprobleme sind nicht auszuschließen, weshalb die Nutzung von KI im Betrieb geregelt werden sollte.
 

Weisungsrecht des Arbeitgebers zur KI-Nutzung

Nach § 106 GewO umfasst das Weisungsrecht des Arbeitgebers die Nutzung von Arbeitsmitteln, also auch von Software- bzw. KI-Anwendungen. Mit diesem Recht geht für den Arbeitgeber allerdings auch eine Pflicht einher, denn er ist für das Vermitteln von KI-Kompetenz im Sinne der KI-Verordnung verantwortlich.
 

Der Datenschutz spielt eine große Rolle 

Auch die DSGVO hat in Sachen KI-Einsatz einige Wörtchen mitzureden: KI darf keine ausschließlich automatisierten, rechtserheblichen Entscheidungen allein treffen (Art. 22 DS-GVO) und nicht sachgrundlos benachteiligen (§ 1 AGG). Besonders in Bewerbungs- und Kündigungsprozessen mit naturgemäß vielen personenbezogenen Daten gibt es hohe Anforderungen an den Einsatz von KI. 
 

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Den Betriebsrat rechtzeitig einzubinden, ist generell anzuraten und bspw. in folgenden Fällen Pflicht: 

  • Wenn die KI sich potenziell auch zur Verhaltens- oder Leistungsüberwachung der Arbeitnehmer einsetzen lassen könnte.
  • Mitbestimmungspflichtig ist auch die automatisierte Auswertung analoger Aufzeichnungen über Leistungs- bzw. Verhaltensdaten. Anonymisierte Aufzeichnungen hingegen sind nicht Mitbestimmungspflichtig. 
  • Der Betriebsrat hat ein Informationsrecht bei der Planung zur Einführung von KI oder bei wesentlichen neuen Funktionen. Dauermitbestimmungspflichtig ist KI allerdings nicht.
  • Wenn der KI-Einsatz dazu führt, dass sich Arbeitsplatz, Arbeitsablauf oder Arbeitsumgebung entgegen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen verändern, erwächst dem Betriebsrat unter Umständen ein Widerspruchsrecht.
  • Er hat außerdem ein Beratungsrecht, wenn durch die KI-Einführung der Betrieb eingeschränkt oder stillgelegt oder bspw. grundlegend neue Arbeitsmethoden eingeführt werden. Dies kann bis hin zu einer Betriebsänderung und den damit einhergehenden Pflichten, wie der Verhandlung eines Interessenausgleichs bzw. Sozialplans, führen. 

Zum Thema Mitbestimmung beim Einsatz von KI gibt es bislang ein Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg

Welche Inhalte eine Betriebsvereinbarung umfassen sollte:
  • Zweckbestimmung und damit Zweckbindung der KI-Datenverarbeitung
  • Konkrete Beschreibung der eingesetzten KI und der durch sie verarbeiteten personenbezogenen Daten
  • Maß an Entscheidungsautonomie (meist: nur zur Unterstützung)
  • Logik der eingesetzten Algorithmen
  • Softwarelandschaft: Schnittstellen und Ankopplung an Datenbanken
  • Schranken der Nutzung, insbesondere verbotene Praktiken Art. 5 KI-VO oder Hochrisikobereiche nach Anlage III KI-VO
  • Kontroll- und Evaluierungsmechanismen
  • Technisch-Organisatorische Maßnahmen
  • Menschliche Kontrolle

    Wenn Sie arbeitsrechtliche Fragen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz haben, stehen Ihnen die Kolleginnen und Kollegen aus unserer Rechtsabteilung unterstützend zur Seite – über die bekannten Wege oder info@chemienord.de und die Telefonnummer 0511 98490-0

    Praxistipp: Wenn Sie planen, mehrere KI-Systeme in Ihrem Unternehmen einzuführen, empfiehlt sich eine Rahmen-Betriebsvereinbarung und darauf aufbauend einzelne Vereinbarungen für die jeweiligen KI-Systeme.

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